Bundespräsident a.D. Joachim Gauck

Gedenken Srebrenica

Menü Suche
Bundespräsident a.D. Joachim Gauck beim Gedenken am Memorial-Zentrum Potočari

Bundespräsident a.D. Joachim Gauck beim Gedenken am Memorial-Zentrum Potočari

Gedenken an den Völkermord von Srebrenica

11. Juli 2025, Srebrenica

Bundespräsident a.D. Joachim Gauck vertrat die Bundesrepublik Deutschland bei der zentralen Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Genozid von Srebrenica vor 30 Jahren. Während des Bosnienkrieges hatten im Juli 1995 Streitkräfte unter Führung von General Mladić ein Massaker an mehr als 8.000 bosnischen Jungen und Männern verübt. 

 

Deutsche Fassung des Redetextes:

Unter dem Banner der Vereinten Nationen versammeln wir uns hier, um der Opfer zu gedenken und unsere Verantwortung für Wahrheit, Gerechtigkeit und Versöhnung zu bekräftigen.

Der 11. Juli ist ein Tag des Innehaltens und des schmerzhaften Rückblicks – gerade in diesem Jahr, da sich der Völkermord von Srebrenica zum dreißigsten Mal jährt.

Bis heute stellen wir uns die quälende Frage: Wie konnte das schlimmste Massaker auf europäischem Boden seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs geschehen – im Angesicht der Weltöffentlichkeit, sogar in einer Schutzzone der Vereinten Nationen?

Die Antwort beschämt uns zutiefst: Die internationale Gemeinschaft, auch wir Deutsche, haben versagt. Wir taten nicht genug, um das Morden zu verhindern. Die Schutzsuchenden wurden im Stich gelassen.

Dieses Versagen offen zu benennen, ist unsere Pflicht. Die Lehre von Srebrenica lautet, dass Wegschauen keine Option ist.

Noch immer gibt es Stimmen, die Fakten verdrehen, das Wort „Völkermord“ meiden oder verurteilte Kriegsverbrecher gar als Helden feiern. Diesem Geschichtsrevisionismus treten wir entschieden entgegen. Wer verdrängt oder vergisst, öffnet Lüge, Hass und Gleichgültigkeit Tür und Tor.

Der Frieden in Europa war nie eine Selbstverständlichkeit – er muss bewahrt und verteidigt werden. In der Ukraine leiden Menschen seit über drei Jahren unter dem brutalen russischen Angriffskrieg, der täglich aufs Neue zeigt, was gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Infrastruktur anrichten. Europa darf dieser Massenverbrechen nicht erneut versagen. Gemeinsam tragen wir Verantwortung dafür, Kriegsbrandstiftern entschlossen entgegenzutreten.

Als Menschen verschiedener Nationen, Religionen und Kulturen stehen wir heute Seite an Seite, vereint im Gedenken und im Willen, aus der Geschichte zu lernen. Den Opfern von Srebrenica versprechen wir: Eure Namen, eure Geschichten, euer Leid und euer Mut leben in unserem Gedächtnis fort. Ihnen zu Ehren und uns Lebenden zur Pflicht sagen wir: Nie wieder Genozid, nie wieder Wegschauen.