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Nachruf Margot Friedlaender

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Margot Friedländer - Archivbild

©Margot Friedländer Stiftung

Margot Friedländer - Archivbild

Nachruf auf Margot Friedländer

09. Mai 2025, Berlin

Mit dem Tod von Margot Friedländer verliert Deutschland eine der letzten lebenden Zeuginnen des Holocaust, eine großherzige Botschafterin der Menschlichkeit, eine starke Persönlichkeit, unvergesslich für alle Menschen, denen sie begegnete. Sie war eine Frau, die aus ihrer amerikanischen Wahlheimat nie hätte zurückkehren müssen – und wollte doch wieder unter uns leben. Sie kam nicht, um zu verurteilen, sondern um zu erinnern und zu mahnen.

Geboren 1921 in Berlin, überlebte Margot Friedländer Verfolgung, Verrat durch Mitmenschen und die Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt. Ihre Familie wurde ermordet – dennoch war sie nicht von Hass geprägt, sondern folgte einem inneren Auftrag, der sie nach Jahrzehnten des Schweigens veranlasste, über Verantwortung und Hoffnung besonders mit jungen Menschen zu sprechen. Hier in Berlin, der Stadt ihrer Kindheit und an vielen anderen Orten im Land. Sie sprach in Schulen, auf Bühnen, in Parlamenten. Und immer wieder sagte sie denselben einfachen, zutiefst wahren Satz: „Seid Menschen.“ In dieser Forderung liegt alles: Erinnerung, Mahnung, Verantwortung, Mitgefühl, Humanität. Sie glaubte an die Kraft der jungen Generation und daran, dass aus ihrem Wissen und der Haltung, mit denen sie den Menschen begegnete, ein Bewusstsein für Verantwortung und Menschlichkeit entstehen kann.

Dass sie Deutschland nicht vergaß, war für uns Deutsche ein Geschenk. Ihre Stimme war nie laut, aber so leise wie eindringlich erreichte sie die Herzen unzähliger Menschen. Ihr Blick war milde, aber ihre Botschaft klar: Nie wieder Gleichgültigkeit. Nie wieder Schweigen angesichts von Hass, Ausgrenzung oder Antisemitismus.

Nun ist Margot Friedländer hochbetagt von uns gegangen.

Dankbar verneigen wir uns vor ihr. Sie hat uns zugetraut, das Gute zu wählen. Sie traut uns zu, Ihr Wirken nicht nur zu erinnern, sondern - so wie sie - dafür zu leben und zu streiten, die Würde und die Rechte aller Menschen immer zu schützen und zu verteidigen.